Katla und die Pferde

Ein Islandpferderoman von Christine Rödl

Autor Christine Rödl mit dem Buch Katla und die Pferde

„Katla und die Pferde“ ist der Debütroman von Christine Rödl. Katla zieht nach der Scheidung ihrer Eltern zusammen mit ihrer Gudrun nach Island. Mit dabei haben sie einige ihrer Islandpferde. Da ein Pferd, das Island einmal verlassen hat, nie wieder zurück auf die Insel kann, hat Katla schweren Herzens ihren Hengst Vákur bei ihrem Vater und ihren Geschwistern zurückgelassen.

Katla muss sich nicht nur in ihrer neuen Klasse eingewöhnen, sondern auch Tag für Tag ihrer Mutter mit den Pferden helfen. Da erreichen sie plötzlich alarmierende Nachrichten von ihren Geschwistern. Vákur scheint in Gefahr. Wird Katla ihren Hengst jemals wiedersehen?

Katla und die Pferde von Christine Rödl Cover

Klappentext

Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Katla zusammen mit ihrer Mutter Gudrun und einigen ihrer Pferde von Island nach Deutschland. Dort muss sie sich nicht nur mit ihren neuen Klassenkameraden auseinandersetzen. Denn Vákur, ihr geliebter Islandhengst, blieb in Island zurück.

Was hat ihr Vater mit ihm vor?
Wird sie ihn jemals wiedersehen?

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Leseprobe zu Katla und die Pferde

Damit du direkt ein wenig in die Geschichte hinein schmökern kannst, habe ich hier eine kleine Leseprobe für dich.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen!

 

Katla und die Pferde - Kapitel 1

Mit laut pochendem Herzen stand Katla vor der grauen Türe ihres neuen Klassenzimmers. Sie atmete einige Male tief durch, bis sie schließlich die Hand hob und leise anklopfte. Ein groß gewachsener Mann um die 40 öffnete ihr die Tür.

„Ah, du musst unsere neue Schülerin sein“, stellte er fest, während er sie von oben bis unten musterte. Katla nickte leicht und fuhr sich mit der Hand nervös durch die blonden Locken. „Komm rein! Hier vorne, direkt bei Antonia, ist noch ein Platz frei.“

Katla machte einen Schritt ins Klassenzimmer hinein und hätte am liebsten gleich wieder kehrtgemacht. Alle Augen lagen auf ihr und sie fühlte sich mehr als unwohl. Noch einmal tief durchatmend zwang sie sich zur Ruhe und ging auf den leeren Platz zu. Sie nickte Antonia zu.

„So, das ist eure neue Mitschülerin Katja Rafnsdottir, von der ich euch bereits gestern berichtet hatte.“ Katla zuckte zusammen und drehte sich um.

„Ich heiße Katla, nicht Katja“, zischte sie und ihre dunkelgrünen Augen funkelten böse. Ein Tuscheln ging durch die Klasse, als sie sich setzte.

„Katla?“, wiederholte ihr neuer Lehrer. Im Sekretariat hatte man ihr seinen Namen genannt, aber mittlerweile war sie sich nicht mehr ganz sicher, ob er nun wirklich Herr Peter hieß oder nicht. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, da hatte sich der Lehrer wieder gefangen.

„Nun gut, dann war es wohl doch kein Schreibfehler der Schulsekretärin“, stellte er achselzuckend fest. Anschließend setzte er sich ans Pult. „Willst du uns nicht ein bisschen von dir erzählen, Katla?“, fragte er freundlich.
Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust dazu, aber sie war sich sicher, dass es immer noch besser war über ihre Heimat zu sprechen, als eine Stunde Mathematik über sich ergehen zu lassen. Also nickte sie zögerlich.

„Ich komme aus Island“, setzte sie an. „Unser Hof, das heißt, der Hof meines Vaters, liegt in der Nähe von Reykjavík, der Hauptstadt. Meine Eltern haben sich getrennt und meine Mutter wollte in Deutschland, ihrer ehemaligen Heimat, einen Neuanfang starten. Ich wollte mit ihr mit. Meine beiden anderen Geschwister sind bei meinem Vater in Island geblieben“, endete Katla mit der Kurzversion ihrer Geschichte.

„Eine Scheidung ist immer schwierig“, seufzte ihr Lehrer. „Die Entscheidung, zu welchem Elternteil du gehen willst, ist dir bestimmt nicht leicht gefallen“, bedauerte Herr Peter sie kopfschüttelnd.

Katla sah ihn jedoch erneut mit einem Funkeln in den Augen an. „Es war nicht schwer. Überhaupt nicht. Es war klar, dass meine Mutter Hilfe braucht und bei meinem Vater wollte ich nicht bleiben. Außerdem hat sie Bera mit nach Deutschland genommen. Da konnte ich mich nur so entscheiden. Fifa zu liebe.“

Jetzt sahen sie alle Anwesenden im Raum verwirrt an. Diesen Gedankensprüngen war aber nun wirklich nicht leicht zu folgen gewesen.

Ein sportlicher Junge, mit schwarzen Stacheln auf dem Kopf, fand scheinbar als erstes seine Sprache wieder. „Was hat das Ganze mit Fußball zu tun?“, wollte er wissen.

Jetzt war es Katla, die verwirrt aussah. „Fußball? Wieso Fußball?“

Der Junge verdrehte die Augen. „Na FIFA!“, wiederholte er. Jetzt begann Katla zu lachen.

„Nicht das FIFA, sondern Fifa, meine Stute!“ Die Neugierde wich in den Gesichtern ihrer männlichen Klassenkameraden der Enttäuschung. Zu früh gefreut. Doch kein Fußballmädchen. Sondern nochmal so ein Pferdefreak. „Fifa bedeutete Wollgras…“, erklärte Katla leise.

„Wo soll denn deine Fifa bitte stehen?“, fragte eines der Mädchen schnippisch. „Wenn bei uns im Reitverein ein Pferd dazu gekommen wäre, hätten wir das bestimmt schon mitbekommen!“

Katla blickte auf. Ein Reitverein? Hatte ihre Mutter nicht gesagt, dass es in der Gegend keine richtigen Pferdeleute geben sollte? „Unsere Pferde stehen nicht in einem Verein, sondern direkt auf dem Hof, den meine Mutter gekauft hat. Früher hieß er Birkenhof oder so ähnlich.“

Das Mädchen erstarrte. „Der LINDENhof“, verbesserte sie, „ist verkauft worden, das stimmt. Aber dort wird etwas Größeres gebaut. Der alte Reitplatz dort wurde nämlich platt gemacht. Ein Reiterhof bleibt er somit bestimmt nicht.“, wusste das Mädchen.

Gerade als Katla etwas erwidern wollte, beendete ihr Lehrer die Diskussion. Er begann mit dem Unterricht und sie mussten warten, bis die öde Doppelstunde Mathe an ihnen vorbeigezogen waren.

 

In der Pause begann der Streit erneut. Mittlerweile wusste Katla zumindest, mit wem sie es zu tun hatte. Ihr Name war Theresa. Ihre braunen Haare waren zu einer modernen Kurzhaarfrisur geschnitten.

Um die Sache endlich beenden zu können, rief Katla plötzlich: „Sag mir doch einfach, wo euer toller Reitverein ist. Dann reite ich noch heute Nachmittag höchst persönlich mit Fifa dorthin. Dann werden wir ja sehen, ob es das Pferd gibt oder nicht!“ Dann kam ihr noch ein Gedanke. „Und auf dem Rückweg begleitest du mich auf deinem Pferd, dann siehst du auch, dass der Reitplatz nicht platt gemacht worden ist. Nur verändert.“ Schweigen hüllte sich über die Gruppe, die um Theresa herum stand.

„Na gut, aber ich muss Miss Jenny Suprise vorher ablongieren. Sie ist im Gelände immer sehr aufgeregt. Du kannst deine Fifa doch halten, oder?“, fragte Theresa unsicher.

Eins der anderen Mädchen nannte ihr die Adresse. „Es ist quasi nur die Hauptstraße hoch und dann links. Da steht auch ein Schild.“ Danach erklärten sie ihr den Weg durch den Wald, aber den konnte sich Katla beim besten Willen nicht merken.

 

Als sie nach der Schule endlich daheim ankam, verschwand sie direkt in ihr Zimmer und zog sich um. Auf dem Weg nach unten traf sie ihre Mutter Gudrun. „Mama? Warum hast du mir nicht erzählt, dass es hier einen Reitverein gibt?“, fragte sie, während sie in ihre Stiefeletten schlüpfte.

Gudrun seufzte. „Die Reiter dort sind… ein wenig anders als wir, aber dass wirst du noch merken.“

Katla zuckte mit den Achseln. „Ich bin heute mit einem Mädel aus meiner Klasse dort verabredet. Ihr Pferd heißt Miss Jenny Suprise. Komische Namen haben die Pferde hier in Deutschland“, sagte sie kopfschüttelnd.
Gudrun sah ihrer Tochter besorgt nach, wie sie durch die Tür verschwand.

„Hallo meine Süßen!“, begrüßte Katla die sieben Stuten. Bera, Fifas Mutter, drängte sich sofort zu Katla. Das Mädchen streichelte die kleine, runde Fuchsstute. Als diese jedoch feststellen musste, dass Katla keine Leckereien dabei hatte, verschwand sie schon bald wieder. An ihre Stelle rückte Fifa, die sich von Katla am Stirnschopf aus dem Paddock führen ließ.

Fifas Fell war mittlerweile beinahe komplett weiß. Nur an ihrem Rücken und ihrem Langhaar erkannte man noch graue Stellen. Denn was aussah wie ein Schimmel, war eigentlich ein Schecke. In ihrem leicht gräulichen Gesicht erkannte man noch immer die zarten Konturen ihrer Blesse.

Katla beeilte sich, Fifas Fell zu putzen und die Hufe auszukratzen. Dann legte sie der Stute, die sie noch immer nicht angebunden hatte den Sattel auf und zog ihn fest. Anschließend zäumte sie das Pferd und setzte sich den Helm auf. Aus der Gewohnheit heraus nahm sie sich eine kurze Gerte und saß schließlich auf. Von oben gurtete Katla nochmal nach. Dann ritt sie Fifa im Schritt an.

Sie lenkte die Stute auf die Straße. Sie waren noch nicht lange unterwegs, als bereits die ersten Autos an ihr vorbeiknatterten. Fifa spielte lediglich mit den Ohren, beachtete die Fahrzeuge jedoch nicht weiter. Die Nerven aus Stahl hatte sie definitiv von ihrer Mutter Bera geerbt. Katla hielt nach dem Schild Richtung Reitverein Ausschau. Nachdem sie zehn Minuten unterwegs war, wurde sie nervös. Hatten die Mädchen ihr den falschen Weg genannt? Oder war es wirklich weiter, als sie gedacht hatte?

Um ein wenig schneller voranzukommen, töltete Katla Fifa an. Ein Autofahrer hupte, als er überholte und zeigte ihr den Vogel. Doch Katla beachtete das nicht weiter. Nach fünf weiteren Minuten sah sie endlich das Schild. Reitverein Holzmühle. Sie parierte Fifa zum Schritt durch und streckte die linke Hand aus, um den Autofahrern zu sagen, dass sie abbiegen wollte. Diese beachteten das Zeichen jedoch nicht und rasten einfach an ihr vorbei. Während sie einen Wortschwall aus isländischen Schimpfworten hinter den Autos herrief, kam ihr eine Idee. Vorsichtig ließ sie Fifa seitwärts treten. Immer näher auf den Mittelstreifen zu. Jetzt wurde zwar erneut hinter ihr gehupt, aber das war ihr egal. Sobald die andere Straßenseite frei war, bog sie im flotten Tempo ab.

 

Die Straße, auf der sie sich nun bewegte, war um einiges schmaler als die Hauptstraße. Außerdem gab es dort kaum Verkehr. Katla atmete auf. Die Autofahrer hier waren ja allesamt verrückt. Es dauerte nur wenige Minuten, da ging die Teerstraße ihn einen breiten Schotterweg über, der direkt in den Innenhof des Reitvereins führte.

Dort angekommen sprang Katla aus dem Sattel und zog die Steigbügel hoch. Von Theresa war noch nichts zu sehen. Aber auf einer großen umzäunten Wiese sprangen einige Reiter mit ihren Großpferden über Hindernisse. Neugierig trat Katla mit Fifa näher heran und sah zu. In der Mitte der Wiese stand ein Mann, der die Stirn in Falten gelegt hatte.

„Wenn ich sehe, wie du die Verbindung zum Pferdemaul verlierst und bei jedem Sprung deinem Campario in den Rücken fällst, frage ich mich wirklich, wie du das kleine Reitabzeichen geschafft hast!“, rief er nun wütend.
Dann bemerkte er Katla. „Die Anfängerstunden sind in der Halle“, sagte er betont nett zu ihr.

„Ich bin aber nicht für eine Reitstunde gekommen“, antwortete das Mädchen. „Aber das Springen sieht interessant aus“, gab sie zu. Jetzt trat der Reitlehrer näher. Er musterte Fifa, dann Katla.

„Du musst die Isländerin sein, die den Lindenhof gekauft hat.“ Jetzt lächelte sie. „Der Hof gehört meiner Mutter. Ich bin mit Theresa verabredet. Ihr Pferd heißt Miss Äh, Suprise oder so.“ Der Reitlehrer nickte und deutete wortlos auf ein großes Gebäude, dann wandte er sich wieder seinen Schülern zu.

 

Katla hatte verstanden. Sie führte Fifa hinter sich her in das große Stallgebäude. Doch kaum hatte sie mit der Stute den Stall betreten, da kam auch schon ein junger Mann auf sie zu gerannt.

„Das Betreten der Ställe ist von Unbefugten verboten!“, schimpfte er und zeigte dabei auf ein Schild, das an der Stalltür hing. Jetzt erst bemerkte er die Stute. „Fremde Pferde sind hier ebenfalls verboten. Die Ansteckungsgefahr ist viel zu hoch.“

Katla ließ sich von ihm nicht einschüchtern. „Ich bin auf der Suche nach Theresa. Wir sind für einen Ausritt verabredet.“ Der Stallbursche stutzte.

„Warte hier“, brummte er schließlich und verschwand im Inneren des Stalls. Nach ein paar Minuten war er mit Theresa zurück, die eine riesige Dunkelfuchsstute hinter sich herzog. Das Tier rollte mit den Augen und ließ das Weiße darin sehen.

Theresa zog die Augenbrauen hoch. „Das ist Fifa? Ein Pony?“, fragte sie herablassend. Katla nickte, zog die Steigbügel runter und kontrollierte den Sattelgurt.

„Kann‘s losgehen?“, fragte sie, ohne auf Theresas Stichelei einzugehen. Theresa nickte. Der Stallbursche griff in die Zügel des riesigen Pferdes, damit das Mädchen aufsteigen konnte. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis Theresa endlich oben saß. Denn ihre Miss Jenny Suprise tänzelte hin und her und sprang einmal beinahe den Stallburschen um.

Katla schwang sich in Ruhe in ihren gerippten Ledersattel. Das konnte ja was werden. Theresas Gesicht war bereits jetzt schneeweiß. Es war offensichtlich, dass sie Angst hatte. Der Stallbursche führte das Pferd an, während seine Besitzerin verkrampft im Sattel saß.

„Soll ich dich lieber als Handpferd nehmen?“, fragte Katla und wirkte dabei keinesfalls überheblich. Theresa schüttelte den Kopf.

„Pass lieber auf, dass dein Ponylein sich neben ihr halten kann.“

Katla schluckte eine Bemerkung hinunter und ließ Fifa antreten. Die Fuchsstute neben ihr trabte immer wieder nervös an und sprang ab und zu hin und her.

„Ist die immer so aufgeregt?“, fragte Katla ungläubig. Sowas hatte sie ja noch nie gesehen. Die Stute gebärdete sich unter Theresa wie toll und diese saß verkrampft oben und tat nichts, außer es schlimmer zu machen. Theresa nickte. Diesmal führte der Weg über Feld- und Waldwege.

„Wir könnten hier traben, dann wird Missy bestimmt ruhiger…“, schlug Theresa vor. Bevor Katla noch etwas erwidern konnte, trieb die Braunhaarige ihr Pferd an. Wie nicht anders zu erwarten war, konnte sie ihr Pferd keine fünf Meter im Trab halten. Die Stute jagte mit Theresa auf dem Rücken im Galopp davon. Nun konnte auch Katla ihre Fifa nicht länger zurückhalten und ließ die Stute laufen.

Theresa schrie und riss an den Zügeln, doch ihre Missy ließ sich nicht mehr durchparieren. Trotz des riesigen Größenunterschieds holte Fifa schnell auf. Als sie wieder neben Missy waren, explodierte die Dunkelfuchsstute beinahe, doch Katla, die im leichten Sitz saß, streckte die Hand aus und griff in die Zügel des Großpferdes. Dann drängte sie mit Fifas Hilfe die Stute immer näher an die Bäume, während sie an den Zügeln Paraden gab. Und tatsächlich, die Stute wurde langsamer.

Als nun endlich beide Pferde wieder Schritt gingen, atmeten die Mädchen auf. „Sie ist sehr temperamentvoll…“, entschuldigte sich Theresa, doch Katla schüttelte den Kopf.

„Nein, sie spiegelt dich lediglich. Du bist nervös, aufgeregt und angespannt. Und sie übernimmt das von dir. Wenn du mich fragst, ist die Stute nicht temperamentvoll, sondern lediglich sensibel.“ Das saß.

 

Da Theresa es vorzog zu schweigen, fuhr Katla fort. „Setz dich mal ein wenig entspannter hin. Schultern zurück, Beine lang und Fersen runter“, kommandierte sie. „Hände aufrecht.“

Doch Theresa schüttelte den Kopf. „Wenn ich mich jetzt anders hinsetze, geht sie bestimmt wieder durch.“

„Sag mal, warum nimmst du denn keinen Reitunterricht mit ihr?“, fragte Katla verwundert. So wie Theresa ritt, war das für sie lebensgefährlich.

„Ich KANN reiten!“, fuhr Theresa sie an. Missy machte einen erschrockenen Satz zur Seite. Schnell fasste ihre Reiterin in die Mähne des Tieres, um den Halt nicht zu verlieren.

„Und wie…“, murmelte Katla leise.

 

Als sich der Wald zu lichten begann, rückte der ehemalige Lindenhof in das Blickfeld der Mädchen. Direkt am Waldrand entlang befand sich bereits die erste Weide des Hofs. Der Weg führte bergab direkt an der Weide vorbei bis zum Putzplatz im Innenhof. Dort sprang Katla aus dem Sattel und Theresa tat es ihr gleich. Der kurze Ausritt hatte keine 15 Minuten gedauert.

 

Während Katla ihre Stute Zaumzeug und Sattel abnahm, stand Theresa ein wenig hilflos neben Missy. Sie hatte ja kein Halfter hier, an dem sie die Stute anbinden konnte. Und sie so frei stehen zu lassen, wie Katla ihre Fifa, wagte sie nicht. Als Katla Fifas Sattel in die Sattelkammer gebracht hatte, bemerkte sie Theresas Problem.

„Komm, du kannst sie gerne da vorne auf den Paddock stellen. Da kann sie sich ein wenig ausruhen, während ich dir alles zeige.“

Theresa nickte und brachte ihre Stute auf den sandigen Paddock. Als sie ihr Sattel und Trense abgenommen hatte, begann Missy damit, die spärlichen Grashalme, die aus dem Sand ragten, abzurupfen.

„Jetzt zeig mir doch mal euren Reitplatz“, bat Theresa und Katla ging voran. Um den Dressurplatz herum hatte man eine großzügige Ovalbahn angelegt.

„Ein Schotterweg? Einmal rundherum?“ Theresas fragender Blick brachte Katla zum Lachen. Sie deutete auf eine kleine, runde Fuchsstute, die von Gudrun, Katlas Mutter, geritten wurde.

„Isländer sind Gangpferde“, erklärte sie. „Eine Ovalbahn ist zum Trainieren der verschiedenen Gangarten gedacht.“
Mit großen Augen sah Theresa zu, wie Gudrun die kleine Bera antöltete.

„Sowas hab ich schon mal auf der Consumenta gesehen!“, rief Theresa. „Das ist ja Tölt!“ Katla nickte grinsend.

 

Als Gudrun an ihnen vorbei kam, hielt sie die Stute an. Katla stellte Theresa und ihre Mutter einander vor. „Bist du schon mal getöltet?“, fragte Gudrun das braunhaarige Mädchen, welches den Kopf schüttelte.

„Dann musst du unbedingt mal eine Reitstunde bei uns nehmen“, sagte Katla schnell und sah Theresa dabei ernst an. Auch wenn sie prinzipiell sehr gastfreundlich war, gönnte sie ihr keinen Gratisritt. Nicht, nachdem sie zuvor so abfällig über die Ponys gesprochen hatte. Außerdem konnte der Hof jeden einzelnen Reitschüler nur zu gut gebrauchen.

Katla wandte sich wieder an ihre Mutter. „Drüben im Reitverein haben die einen Springplatz“, erzählte sie. „Glaubst du, ich kann mich dort mal für eine Stunde anmelden?“

Gudrun zuckte die Achseln. „Wenn sie dich mitreiten lassen und die Hindernisse nicht höher sind, als Fifa groß ist, warum nicht?“

„Dürfte ich mir die anderen Pferde auch ansehen, Frau Rafnsdottir?“, fragte Theresa. Katla und ihre Mutter brachen daraufhin in heiteres Gelächter aus. Auch wenn Gudrun in Deutschland aufgewachsen war, war sie doch in Island geboren worden. Und so bezog sich ihr Herkunftsname auf den Vornamen ihres Vaters.

Gudrun fing sich als erste wieder und begann das Ganze aufzuklären: „In Island hat man keine Nachnamen, sondern Herkunftsnamen. Und die beziehen sich immer auf den Vornamen des Vaters. Rafnsdottir bedeutet nichts anderes, als Tochter von Rafn. Das ist wiederum der Name von Katlas Vater, also meinem Exmann.“ Sie atmete einmal tief durch, bis sie weitersprach. „Mein Vater hieß Karl, darum ist mein Herkunftsname oder Nachname, wie man in Deutschland sagt, Karlsdottir. Außerdem darfst du mich gerne duzen.“ Dann wandte sie sich an ihre Tochter. „Zeig ihr ruhig noch kurz die Pferde. Die ersten Reitschüler werden bald kommen, dann hat man hier keine Ruhe mehr.“

Katla nickte und führte Theresa zu der kleinen Stutenherde. „Fifa kennst du ja schon und das Pferd, auf dem meiner Mutter saß, hieß Bera.“ Dann deutete Katla auf eine Rappstute mit Schnippe. „Das ist Birna und dieser riesige Fuchs daneben heißt Hrund. Die kleine Falbstute, die da so faul rum liegt heißt Skutla.“ Dann sah sie sich kurz suchend um und entdeckte die Rotfuchsstute im inneren des Offenstalls. „Und die da heißt Fölskvi.“

 

Skeptisch begutachtete Theresa den Offenstall. „Und wo sind die Boxen für die Pferde?“

Katla schüttelte den Kopf. „Wir haben nur drei Quarantäneboxen. Die Pferde dürfen bei Tag und Nacht selbst entscheiden ob sie rein oder raus wollen.“

Theresa standen die Zweifel ins Gesicht geschrieben, aber sie sagte nichts dazu. Katla überlegte kurz, ob sie ihrer neuen Klassenkameradin das alles genauer erklären sollte, ließ es dann aber. „Da vorne ist die Wallachherde“, sagte sie stattdessen und führte Theresa zu der alten Scheune, vor der ein großer Paddock gebaut worden war. Nun konnten sich es die Pferde aussuchen, ob sie lieber in der kühlen Scheune standen oder sich draußen den Wind um die Nase wehen lassen wollten.

In dem Wallachstall standen 15 Pferde. Zwei Schecken, drei Rappen, ein Schimmel, ein Windfarbener, vier Füchse, zwei Braune, ein Isabelle und ein Graufalbe. Die beiden Schecken kamen sofort auf die beiden Mädchen zu. Während der eine von den beiden schwarz-weiß gescheckt war, war der andere braun-weiß gescheckt.

„Der Braunweiße heißt Flekkur und der Schwarzweiße Lundi.“, erklärte Katla. Sanft kraulte sie Flekkur die Stirn. Sie mochte den großgewachsenen Wallach.

„Und das sind alles Isländer?“, fragte Theresa ungläubig. „Der Falbe muss doch einfach ein Norweger sein. Und der Fuchs da, sieht eher aus wie ein zu schmal geratener Haflinger.“

„Ich muss dich leider enttäuschen, das sind alles Isländer“, stellte Katla klar.

Als ein Auto auf den Hof fuhr, kam Gudrun gerade mit Bera am Putzplatz an. Wortlos nahm Katla ihrer Mutter das Pferd ab und nahm ihm Sattel und Zaumzeug ab. Gudrun ging den neuen Reitschülern entgegen. Obwohl sie erst so kurz hier waren, boomte das Geschäft bereits. Die Nachricht, dass ein reiner Ponyhof hier auf den Lindenhof kommen sollte, hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Und da Gudrun auch gerade für Kinder spielerische Anfängerstunden anbot, wollten viele zumindest eine Schnupperstunde haben.

 

Katla führte die Fuchsstute am Stirnschopf zurück in den Auslauf des Offenstalls. Theresa folgte ihr und warf einen kurzen Blick auf ihre silberne Armbanduhr. „Es ist ja schon gleich Vier!“, stellte sie fest. „Ich hatte meinen Eltern versprochen um halb 5 zu Hause zu sein!“

„Na dann mach’s gut“, verabschiedete sich Katla und half Theresa ihr Pferd fertig zu machen. Sie putzte kurz über den Rücken des Tieres und legte ihm anschließend den Sattel auf. Währenddessen legte Theresa ihrer Stute das Zaumzeug an.

„Hältst du sie mir fest, damit ich aufsteigen kann?“, fragte Theresa unsicher. Katla nickte und griff in die Zügel. Sie sprach beruhigend auf Miss Jenny Suprise ein, während Theresa nach dem Steigbügel angelte. Diesmal hielt die Stute still und Theresa schwang sich in den Sattel. Sie nahm die Zügel kurz, nickte Katla zu und ließ ihre Stute antreten.

 

Katla sah ihr noch kurz nach, dann verschwand sie im Haus. Schließlich musste sie noch die Hausaufgaben für den morgigen Tag erledigen. Seufzend setzte sie sich an den Schreibtisch in ihrem Zimmer. Während sie an ihrem Stift kaute und ein paar Zahlen in ihren Taschenrechner tippte, schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Theresa und ihrer Stute ab. Wieso fiel denn ihren Eltern nicht auf, dass Theresa mit ihrem Pferd überfordert war und Hilfe benötigte? Aber andererseits, war sie ja zu eingebildet, um Reitunterricht zu nehmen. Dabei schien der Reitlehrer im Verein doch seine Sache ganz ordentlich zu beherrschen. Natürlich, er war bestimmt streng, aber das bedeutete doch nur, dass man bei ihm auch gewiss etwas lernte.

Mockup Buch Katla und die Pferde von Christine Rödl

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